Gewalt an Schulen. Ein Problem, das zumindest in Marl bisher nur ein geringes Ausmaß annahm. Bis jetzt.
Waren die Gewalttaten zwischen Schülern, wie z.B. in Berlin, nur aus dem Fernsehen bekannt und aufgrund der Entfernung zwischen Marl und Berlin, mehr oder weniger uninteressant, änderte sich dieses Bild schlagartig …
Auslöser dafür – eine Messerstecherei am Geschwister-Scholl-Gymnasium, bei der ein Schüler verletzt wurde! Die Reaktion darauf war eine Leserbriefdiskussion in der Schüler und Lehrer ihre Ängste, Gefühle und Sorgen zum Ausdruck brachten, die aber auch missbraucht wurde durch die Rechten, welche die Situation ausnutzten um ihre Parolen zu streuen. Doch noch mal einen Schritt zurück…
Zu Beginn dieses Schuljahres, sorgte eine Messerstecherei auf dem Schulhof des GSG, mit Beteiligung von südländischen Immigranten, für Aufsehen. Aus Angst vor Wiederholungstaten und um ihrer Wut Luft zu machen verfassten Schüler der 12. Klassenstufe einige Briefe und veröffentlichten diese in der Marler Zeitung. Diese Briefe machten vor allem durch ihre unpassenden Kommentare aufsehen, welche z. T. an rechte Parolen erinnerten. Die Folge war eine Zeitungsschlacht in der Rechte die Schüler als Parolenplattform missbrauchten und Linke die GSG-Schüler als Nazis titulierten und abstempelten. Aber das, was wirklich fehlte war die Meinung der Betroffenen, der Schüler und Lehrer, welche, so viel sei versichert garantiert keine Nazis sind. Um diese zu hören veranstalteten die Marler Jusos am 12.12.07 eine Podiumsdiskussion in der Aula des GSG, denn so erhalten die Schüler ein zusätzliches Gesprächsforum und wir hoffentlich gute Ideen und Konzepte gegen Gewalt in Marl, erklärte Vorstandsvorsitzender Brian Nickholz im Vorfeld der Diskussion.
Zur Diskussion waren neben allen Interessierten, auch eine Zahl von Experten geladen, die mit Rat und Tat auf die erwartet große Menge an Schülern wirken wollten, um gemeinsam Lösungsvorschläge zu entwickeln. Mit dabei: Werner Arndt Vorsitzender des Sozialausschusses, Denis Piwowarczyk Vertreter der Marler Jusos, Yasemin Cali vom AWO-Projekt Brückenbauer, Petra Thesing Jufo und KiJu NRW Mitglied und Max Malkus. Besonders Thesing und Malkus waren dabei im Mittelpunkt, denn sie waren es die im Vorfeld der Diskussion die GSG Schüler als Rechte darstellten. Die Diskussion versprach also einiges an Zündstoff. Doch bereits zu Beginn der Veranstaltung wurde klar, dass etwas entscheidendes fehlte, nämlich die Schüler!!!
Zwar hatten sich die hoch motivierten Juso-Vorsitzenden und Moderatoren des Abends Brian Nickholz und Benjamin Mikolaijewski, sich bei der GSG Schulleitung um die beteiligten Schüler bemüht (es waren immerhin 95, die die Briefe unterschrieben), doch wurde offensichtlich die Einladung nicht weiter geleitet, denn auch die erschienenen Lehrer hatten nur durch die Zeitung Kenntnis von der Veranstaltung. Dennoch versuchten die beiden Moderatoren alles um eine Diskussion ins Rollen zu bringen, dass zunächst nur schwer gelang. Bis … tja, bis Max Malkus zu Wort kam. Zwar hatten auch seine Mitredner schon das Fehlen der Schüler bedauert, aber erst Malkus schloss aus diesem, dass es in Marl kein Problem mit Gewalt geben kann. Doch hatte er die Rechnung ohne die anwesenden Lehrer gemacht, die sich für ihre Schüler enorm einsetzten. Die sowohl von den Ängsten der deutschen und südländischen Schülern berichteten, die zum einen Angst hätten Nachts noch über den Schulhof zu gehen, bzw. sich in die Ecke gedrängt fühlen und Opfer von Klischeebildern sind. Auch stellten die Lehrer klar das Wort- und Tonwahl nicht die wirkliche Meinung der Schüler sind und nur aufgrund der extremen Situation entstanden. Auch gaben sie Malkus und Thesing eine Mitschuld am Fernbleiben, da die Schüler, wie auch in der weiteren Diskussion klar wurde, erwarten mussten verbal angegriffen zu werden. Es sollte den Schülern keine Schuld zu gewiesen werden, war die allgemeine Forderung der Lehrkräfte. Auch die anwesenden Eltern unterstützten die Lehrer, in deren Schüler-Darstellung. So stellte ein Vater klar, dass er aus Gesprächen mit seinem Sohn weis, dass die Hautfarbe bei Gewalt auf dem Schulhof keine Rolle spiele und diese sowohl zwischen Deutschen und Ausländern, als auch zwischen Deutschen und Deutschen statt finde. Ein weiterer Diskussionspunkt war die Definition von Gewalt und das diese oft von Jugendlichen verheimlicht würde. Gewalt würde schließlich nicht nur körperlich, sondern auch verbal statt finden. Verbale Attacken wären unter Schülern mittlerweile völlig normal und üblich, auch würden sie Schlägereien als normal empfinden und würden damit nur selten zu Lehrern gehen. Als Lösung für solche Probleme wurde eine bessere Betreuung durch Sozialarbeiter gefordert. So seien bereits 2 Sozialarbeiter an Marler Schulen aktiv, aber wären leider nicht ausreichend und mit allen Schulen leicht überfordert. Als Stellvertreter der Stadt konnte Werner Arndt ein paar Konzepte vorstellen, welche momentan in Planung sind. Zum einen sollen z.B. die Hausmeister wieder aktiver auf den Schulhöfen präsent sein und dazwischen gehen wenn es notwendig wird, außerdem eine Ausweitung der mobilen Jugendarbeit, sowie die Installation von Zäunen und Kameras. Das Problem: Wie immer das liebe Geld, dass auch im nächsten wieder immens eingespart werden soll!!!
Im Rahmen der Diskussion wurde auch die Gewalt im restlichen Teil von Marl besprochen. Dabei konnte Yasemin Cali ihr Projekt Brückenbauer vorstellen, bei dem es darum geht ein Kontakt zwischen der muslimischen Gemeinschaft und der restlichen Bürger zu schaffen. Die anwesenden Experten sahen die Bereitschaft zur Gewalt, vor allem durch die soziale Herkunft begründet. So wären auch die Probleme am Marler Stern zu erklären, da hier aufgrund der vielen unterschiedlichen Kulturen und der hoch vertretenen sogenannten unteren Schicht ein sozialer Brennpunkt herrsche. Die Experten kritisierten das oftmals die Probleme von einem Stadtteil zum nächsten verschoben werden, da man finanzielle Mittel des einen Bezirks zur Rettung des anderen benutze und somit einen neuen Problemfall schaffe. Konzepte für dieses Problem konnten allerdings noch nicht gefunden werden, man könne nur auf Projekte wie Brückenbauer hoffen und setzen. Das Problem von Gewalt war und ist schon immer existent. Sie rückt aber nur durchs Extreme in den Blickpunkt., musste Werner Arndt feststellen.
Die Marler Jusos zeigten sich nach ihrer Veranstaltung recht zufrieden. Es waren sicherlich noch einige Dinge vorhanden, die zu verbessern sind. Wir haben uns natürlich mehr Resonanz der Schüler gewünscht. Wir können aber hier drauf aufbauen, schließlich haben wir zum ersten Mal eine Podiumsdiskussion veranstaltet. Sie wird aber nicht die Letzte sein!, versprach Benjamin Mikolaijewski.